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Crowdfunding im Skigebiet

Saas Fee ist ein international bekannter Skiort in den südlichen Schweizer Alpen. Der Ort nennt sich ganz selbstbewusst „weisse Perle“, denn das Skigebiet ist besonders schneesicher. Aber auch besonders schattig. Dank einem Gletscherskigebiet kann fast das ganze Jahr Skisport betrieben werden. Leider verspekulierte sich das Bergbahnunternehmen in den Achtziger- und Neunzigerjahren mit unglaublich teuren Investitionen in die höchstgelegene U-Bahn der Welt sowie einer neuentwickelten Seilbahntechnologie für den Zubringer zu dieser Alpenmetro. Die Schulden lasteten viele Jahre schwer in der Bilanz. Anfangs fiel das nicht besonders auf, zahlten sich die Investitionen doch erstmal durch einen Gästeansturm auf das Sommerskigebiet aus. Doch Ersatzinvestitionen in moderne und bequeme Sessellifte wurden praktisch nicht getätigt. Ab den Nullerjahren ging es dann mit dem Unternehmen stark bergab. Es wechselten die Hauptaktionäre und auch die Direktoren der angeschlagenen Gesellschaft fast im Jahrestakt. Jede Führungsriege plante nach dem alten Rezept immer noch fantastischere neue Erschliessungen auf über 4000 Meter Höhe und suchte dafür extrem potente Investoren, doch nach der Finanzkrise war an solche Ideen nicht mehr zu denken. In letzter Zeit fand die Bergbahn aber wieder in ruhigere Fahrwasser und der akut notwendige Ersatz einer Gondelbahn konnte man dank dem Marketing-Zugpferd in Person des Skistars Armin Zurbriggen gerade noch in letzter Sekunde finanziell absichern.

Doch dieses Jahr ist alles anders in Saas-Fee. Das Unternehmen hat eine für Europa einmalige Aktion gestartet. Die sonst über 1000 Euro teure Saisonkarte wird für nur schlappe 205 Euro angeboten. Etwa der Preis für eine Dreitageskarte. Der Clou dabei, der Deal kommt nur zustande, wenn bis Weihnachten über 100’000 Interessierte sich eine solche Karte reservieren und ihre Kreditkartendaten angeben. In den AGB’s versteckt war für Aufmerksame zu lesen, dass die Aktion auch mit weniger Teilnehmern vom Unternehmen für gültig erklärt werden kann, dies wurde dann auch bei der Marke von 70’000 Käufern umgesetzt. Die Hunderttausend wurden dennoch erreicht und eine Folgeaktion für das nächste Jahr, abs sofort buchbar, lanciert. Der Sprecher des Unternehmens meint dazu, man hätte für nun angehängte Aktion aber noch nicht mit dem Marketing begonnen, es würde erwartet, dass die Buchungen erst wieder kurz vor Aktionsschluss eingehen würden. Was man aber bereits feststellen könne, ist der Umstand, dass die Pisten merklich besser ausgelastet seien. Ohne den von manchen Skeptikern vermuteten Warteschlangen. Diese habe es nur in der Gastronomie am Berg gegeben.

Die Bilanz? Medien berichteten landauf und landab sowie international über diese Aktion. Rein dieser Effekt dürfte unbezahlbar sein für die Destination. Weiter sind bereits vor Beginn der Hauptsaison die Einnahmen des gesamten Winters auf dem Konto der klammen Bahngesellschaft. Für eine Bergbahn dieser Grössenordnung eine ganz neue Situation. Natürlich zieht eine solche Änderung im Haushalt aber auch grosse Erwartungen in dringend notwendige Investitionen nach sich. Ausserdem wird mit dieser Aktion wahrscheinlich bis jetzt das unmögliche möglich, nämlich eine Grundauslastung auch an Tagen in der Nebensaison. Auch dürften viele neue Gäste, die noch nie in Saas-Fee waren, als Tages- bzw. Wochenendgäste das Skigebiet und den Ort besuchen. Der weitaus grösste Gewinn dürfte aber ein anderer sein. Ist es doch mit der Aktion gelungen, Daten über zehntausende Gäste (Es wurden auch nicht personalisierte Kontingente an Hotels verkauft) mit Namen, Herkunft, E-Mail-Adresse zu sammeln. Was jedoch die Medien wie auch der Ort als sensationelle Neuigkeit oder „Crowdfunding“ verkauften, gibt es in Nordamerika schon länger. Bietet doch der Branchenleader „Vail-Resorts“, zu dem Skiresorts wie Vail, Northstar oder Heavenly gehören, seit Jahren solche Karten für die gesamte Saison zu günstigen Preisen an.

 

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